Was bedeutet Impulskontrolle für den Hund?
Was ist Impulskontrolle?
Als Impulskontrolle bezeichnet man die Kontrolle von Emotionen und Affekthandlungen. Die Impulskontrolle ist ein Teil der Selbstkontrolle. Somit wird die Impulskontrolle im Alltag besonders dann wichtig, wenn es um stressige Situationen geht und ist für ein soziales Miteinander essenziell.
„Alles ist Impulskontrolle“
Für uns einer der wichtigsten Sätze die wir im Training zur Impulskontrolle gehört haben.
Sobald Hunde in unser Leben treten, müssen sie sich anpassen. Diese Anpassung verlangt von Anfang an Impulskontrolle. Manche Sachen fallen unseren Hunden leichter, andere sind besonders schwer.
Das ist bei jedem Hund ganz individuell. Hier ist es auch wichtig kleinschrittig zu arbeiten und sich Prioritäten zu setzten. Was ist mir besonders wichtig? Was muss mein Hund auf jeden Fall können?
Bei uns war das zum Bespiel im Büro nicht jedes Geräusch und jeden Besucher zu melden, und natürlich die Hundebegegnungen – somit wussten wir wo wir ansetzten können und wann für uns die gelernte Impulskontrolle am wichtigsten ist.
Hunde lernen immer situationsabhängig.
Unsere Hunde saugen alles in ihrer Umgebung auf: Gerüche, Bewegungen, Geräusche, sowohl positiv als auch negativ. Habt ihr für euch eure Prioritäten gesetzt? wisst ihr schon woran ihr arbeiten wollt? Das ist besonders wichtig, denn was oft vergessen wird ist:
Geleistete Impulskontrolle verschlechtert sofort die Fähigkeit zur Impulskontrolle!
Also sollte man sich gut überlegen wo und wann man dem Hund Impulskontrolle abverlangt. Man kann sich das wie einen Akku vorstellen. Durch Ruhe und Entspannung wird der Akku aufgeladen, durch Impulskontrolle und Stress wieder entladen. Hat der Hund die letzten Tage gut geschlafen und konnte zur Ruhe kommen, dann ist der Akku voll aufgeladen und wir können aus dieser Energie schöpfen. An solchen Tagen können wir Impulskontrolle üben bzw. auch erwarten, dass der Hund das in seinem angepassten Rahmen schaffen kann.
Meine persönlichen Learnings zum Thema Impulskontrolle
Früher habe ich meine Hunde gerne als Impulskontrollübung vorm Essen warten und absitzen lassen. Das mach ich mittlerweile nur noch selten. Mir persönlich ist es besonders wichtig, dass Justice und Frieda bei Hundebegegnungen die Impulskontrolle beherrschen. Daher schau ich, dass ich nicht unbedingt Impulskontrolle dort abverlange wo wir sie nicht unbedingt benötigen. Beide sind nicht besonders aufgeregt vorm Essen, also ist das für uns nur eine Spielerei, die wir nicht unbedingt brauchen.
Bei euch kann aber genau das ein Trainingsthema sein. Dann macht das natürlich voll kommen Sinn. Schaut euch einfach individuell an was eure Themen sind, was ihr braucht, wo es besonders wichtig erscheint und wann es nicht unbedingt notwendig ist. Denn dann könnt ihr euch immer gezielt auf bestimmte Situationen konzentrieren. Euer Hund hat dann auch die Kapazitäten und einen Rahmen, in dem er Impulskontrolle lernen kann.
Impulskontrolle und Ruhe gehen Hand in Hand
Ohne das Eine funktioniert das Andere nicht und umgekehrt.
Wusstet ihr das ein erwachsener Hund durchschnittlich 18-20 Stunden Ruhe am Tag braucht? Alles unter 18 Stunden führt dazu, dass der Hund oft noch unruhiger wird und sich nur schwer konzentrieren kann. Das sollte man im Training immer im Hinterkopf behalten.
Justice war immer schon ein sehr nervöser Hund und hat bis vor ein paar Jahren nie aktive Ruhe gelernt. Bis mich unsere Trainerin, die Meli, darauf angesprochen hat, dass ich mal beobachten soll wie lang Justice ruht und wie lang sie wirklich schläft. Das ist bei jedem Hund unterschiedlich, bei Justice aber muss man da sehr genau schauen, weil sie zwar liegt, aber oft trotzdem noch sehr viel beobachtet und sich jederzeit bereithält, aufzustehen um „dabei“ zu sein. Gerade in der Arbeit hat sie das lernen müssen, also haben wir Ruhe und Entspannung aufgebaut und konditioniert.
Das war anfangs ein ganzes Stück Arbeit, auch dass sie die Box als Ruheort annimmt und lernt, dass sie nicht immer bereit sein muss. Sie kann auch mal schnarchend im Büro liegen und verpasst nichts. Der Aufbau der konditionierten Entspannung hat sich aber auf jeden Fall ausgezahlt, denn als das mal funktioniert hat, ist ganz viel von selber gegangen. Wir haben richtig große Erfolgssprünge im Training gehabt, da hat sich für uns echt ein Knoten gelöst.
Konditionierte Entspannung als Ausgleich und Unterstützung zur Impulskontrolle
Für alle „Hibbelhunde“ da draußen – Entspannung kann gelernt werden und ist was ganz Tolles. Eigentlich die beste Übung, die man mit seinem Hund machen kann!
Dazu hat man viele Möglichkeiten. Oft hört man von konditionierter Entspannung, hier werden bestimmte Reize (Düfte, Geräusche oder auch (Wort-, Hand-) Signale) mit einem entspannten Zustand verknüpft. Wir haben es sowohl mit Musik und Lavendelöl als auch mit Wortsignal aufgebaut.
Der Aufbau mit der Musik und dem Duft-Öl war super easy. Wir haben die Musik einfach in der Nacht, während wir geschlafen haben, leise im Wohnzimmer abgespielt und währenddessen einen Diffuser mit Lavendel-Öl laufen lassen. Nach ca. 4-5 Wochen war das Ganze bei uns schon gut konditioniert. Immer wenn wir unser kleines Ritual gemacht haben, bemerkten wir wie die Hunde sich bereit machten schlafen zu gehen.
Das Entspannungssignal, war da etwas komplizierter, da wir dieses ja nicht nur Zuhause und in der Arbeit anwenden wollen, sondern auch dann, wenn es um stressige Situationen geht. Wenn es darum geht den Druck raus zu nehmen und Frieda und Justice zu signalisieren „Alles ist ok, ihr könnt euch entspannen“. Der Aufbau ist eigentlich gleich. Ihr verwendet das Signal z.B. „Easy“ oder „Ist ok“ (Hauptsache es ist etwas, was schon beruhigend klingt), immer dann, wenn euer Hund gerade entspannt ist. Das wiederholt ihr wieder über einen längeren Zeitraum (1-2 Monate), bis es gut konditioniert ist. Erst dann könnt ihr es auch in eurem Alltag verwenden.
GANZ WICHTIG: Das Signal immer wieder positiv „aufladen“. Also nicht nur in stressigen Situationen verwenden (den Fehler haben wir beim ersten Mal gemacht als es aufgebaut war), da sich sonst die Verknüpfung ändert und ihr dann sehr schnell ein Signal habt, das Stress bedeutet. Immer wieder drauf schauen es wieder in entspannten Situationen (beim Kuscheln etc.) zu verwenden.
Mehr will ich zur konditionierten Entspannung gar nicht schreiben, denn sie gehört zwar zur Impulskontrolle dazu, aber ist ein ganz eigenes Thema, das man sehr weit ausführen kann.
So und wie lernt mein Hund Impulskontrolle?
Bei uns waren Hundebegegnungen ein RIESIGES Thema. Daher will ich an dem Beispiel mal erklären wie es bei uns funktioniert hat. Der erste Schritt war es ein Setting zu schaffen in dem es Justice und Frieda noch möglich war den fremden Hund zu beobachten und dabei ruhig zu bleiben. In der Stadt oft sehr schwierig, deshalb war für uns das perfekte Setting die Hundeschule, in der wir sind. Da können wir großräumig ausweichen, wir wissen die Hunde halten Abstand, und wir haben einfach ein geschütztes und kontrolliertes Umfeld, in dem wir gut üben können.
So wir hatten das Setting, jetzt mussten wir Menschen nur noch das Timing lernen. Und zwar zu erkennen wann Justice und Frieda NOCH ruhig sind um genau diesen Moment einfangen. Hier hat uns ein „Markerwort“ sehr geholfen, da man es sehr genau einsetzen kann und darauf eine Belohnung folgt, die das positive Verhalten bestätigt. Mit der Zeit wurde dann die Zeitspanne in der Justice und Frieda das gewünschte Verhalten gezeigt haben viel länger und wir konnten auch viel mehr bestätigen.
Muss ich jeden Tag trainieren?
Für uns war es immer ganz wichtig Tagesabhängig zu trainieren. Also wie vorher beschrieben zu schauen, haben die beiden überhaupt die Kapazitäten zu lernen, oder sind sie schon überlastet. Wir haben immer noch Tage an denen es schlechter geht, oder auch einfach Situationen, die es unmöglich machen das Gelernte anzuwenden. Aber das ist auch in Ordnung so. Durch diese Übungen tun wir uns so viel leichter.
Timing ist das A & O beim Impulskontrolle üben
Das wichtigste bei der Impulskontrolle ist es wirklich, die Sekunden einzufangen in denen der Hund das zeigt was wir von ihm wollen und das zu belohnen. Kleinschrittig aufgebaut kann man diese Zeit dann auch ausdehnen und optimal sogar mit einem Alternativverhalten verknüpfen. Bei uns war das zum Beispiel, dass sich die beiden zu uns umdrehen und wenn sie weiter vorne sind sogar zu uns kommen, wenn sie einen Hund sehen. Damit wir uns gemeinsam vom fremden Hund wegbewegen können und eben statt dem hin und verbellen, ein neues Verhalten etablieren.
Achtsamkeit & Reflexion beim Training
Beachtet man die vorher genannten Dinge mit der Ruhe und dem Ausgleich, ist es eigentlich ganz „einfach“. Oft braucht es einfach Geduld und einen ganzheitlichen Blick auf die Situation, damit man zum Ziel gelangt. Das zu lernen, war für mich eine der schwierigsten Aufgaben. Es ist aber auch wichtig mal durchzuatmen, sich zurück zu nehmen und auch mal paar Schritte zurück zu gehen, um weiter zu kommen.
Niemand ist perfekt, denn Fehler sind menschlich und wichtig. Aus ihnen können wir lernen, um uns weiter zu entwickeln.
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Fotos © Alexandra & Christoph Krikler