Darfs einer mehr sein? Mehrhundehaltung eine Entscheidungshilfe

Der Gedanke, einem weiteren Hund ein Zuhause zu geben, ist für viele ein schöner. Mehr Hunde bedeuten doppelte Freude, doppeltes Kuscheln und einen Spielpartner für den Ersthund – oder? So stellen wir uns das zumindest oft vor. Doch die Realität kann ganz anders aussehen. Denn während wir Menschen uns bewusst für eine Mehrhundehaltung entscheiden, haben unsere Hunde da kein Mitspracherecht. Wir bringen sie in eine Art Wohngemeinschaft, die sie sich nicht ausgesucht haben – und damit tragen wir die Verantwortung dafür, dass sich alle in dieser WG wohlfühlen.

Warum ein zweiter Hund? Die ehrliche Reflexion vor der Entscheidung

Der wichtigste Punkt zuerst: Ein zweiter Hund sollte niemals aus einem emotionalen Impuls heraus einziehen. Vielleicht kennst du den Gedanken: Mein Hund ist oft allein, er wäre bestimmt glücklicher mit einem Artgenossen. Oder: Ich habe mich in diesen Tierschutzhund verliebt, irgendwie wird es schon passen. Doch das Leben mit mehreren Hunden ist mehr als ein süßes Rudel auf der Couch. Es bedeutet, dass sich zwei oder mehr Individuen arrangieren müssen – und das klappt nicht immer ohne Probleme.

Stell dir vor, du müsstest plötzlich mit einem fremden Menschen zusammenziehen. Selbst wenn ihr euch auf Anhieb sympathisch seid, bedeutet das nicht, dass ihr auch dauerhaft harmonisch zusammenlebt. Jeder hat seine Eigenheiten, seine Bedürfnisse und seinen persönlichen Raum. Bei Hunden ist das nicht anders.

👉 Deshalb sollte die Frage nicht lauten: Will ich einen zweiten Hund?
👉 Sondern: Passt ein zweiter Hund in unser bestehendes Leben?

Beziehungen müssen aufgebaut und gepflegt werden…

So schön der Gedanke an ein eingespieltes Hundeteam auch ist – es gibt keine Garantie dafür, dass sich die Hunde gut verstehen. Während manche Hunde innige Freundschaften aufbauen, arrangieren sich andere nur und manche zeigen sogar ernsthafte Konflikte. Das kann sich in kleinen Spannungen äußern, aber auch zu ernsteren Auseinandersetzungen führen.

Viele Probleme entstehen nicht sofort, sondern erst nach der Eingewöhnungsphase und oft schleichend. Besonders dann, wenn die Hunde nicht nur zusammenleben, sondern auch Ressourcen wie Futter, Ruheplätze oder die Aufmerksamkeit ihrer Menschen teilen müssen. Und hier kommt unsere Verantwortung ins Spiel.

  • 👉 Wir müssen frühzeitig erkennen, wenn sich Spannungen aufbauen, und nicht erst handeln, wenn es knallt. Deshalb ist es wichtig, dass du die Körpersprache der Hunde gut lesen lernst. 
  • 👉 Es kann notwendig sein, sich professionelle Unterstützung zu holen, um das Zusammenleben zu verbessern und den Grundstein für ein harmonisches Zusammenleben zu legen.
  • 👉 Konflikte sind nicht „normal“ oder „müssen die unter sich klären“ – wir Menschen sind dafür verantwortlich, dass sich alle wohlfühlen. Wenn das Hunde unter sich ausmachen müssen, kann es schnell mal passieren, dass kleine Konflikte zu einem größeren Problem werden.

💡 Wichtig: Eine harmonische Mehrhundehaltung bedeutet nicht, dass die Hunde immer miteinander spielen müssen. Sie sollten sich nebeneinander entspannen können und sich in ihrer Anwesenheit wohlfühlen und vor allem auch die Grenzen des jeweils anderen akzeptieren.

Für ein harmonisches Zusammenleben: Prävention statt Eskalation

Damit eine Mehrhundehaltung funktioniert, ist es essenziell, die Körpersprache der Hunde lesen zu können und frühzeitig zu erkennen, wenn sich Spannungen aufbauen. Oft sind es kleine Signale – ein angespannter Blick, ein Ausweichverhalten oder Ressourcenverteidigung – die zeigen, dass sich Hunde nicht wohlfühlen. Wer hier rechtzeitig handelt, kann viele Probleme vermeiden.

Was du tun kannst:
✔ Beobachte deine Hunde genau und schaffe Strukturen, die für alle funktionieren.
✔ Sorge für individuelle Rückzugsorte, damit sich kein Hund bedrängt fühlt.
✔ Hole dir Unterstützung, wenn du unsicher bist – eine neutrale Einschätzung von außen kann helfen, bevor Konflikte entstehen.

Wer sich für einen zweiten Hund entscheidet, übernimmt die Verantwortung für mehrere Lebewesen mit individuellen Bedürfnissen. Das bedeutet, ihre Beziehung aktiv zu begleiten und ihnen ein Umfeld zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen. Das Schlimmste, was einem Hund passieren kann, ist, zum Wanderpokal zu werden, weil der Mensch sich nicht ausreichend Gedanken gemacht oder keine Hilfe geholt hat.

Ein zweiter Hund als Lösung für Trennungsstress? Leider NEIN!

Ein Mythos, der sich hartnäckig hält: Ein Zweithund hilft gegen Trennungsangst. Leider ist das meist nicht der Fall. Trennungsstress ist ein emotionales Problem, Hunde die Trennungsstress haben verfallen in Panik und haben enormen Stress wenn sie von ihrem Menschen getrennt sind. Ein weiterer Hund kann das nicht einfach „heilen“. Vor allem ist diese „Verantwortung“ die man dem Zweithund damit überträgt eine die nicht ein Hund tragen sollte.

Im schlimmsten Fall passiert Folgendes:
❌ Der neue Hund hat selbst eine Trennungsstress Thematik oder orientiert sich am Ersthund – und entwickelt ebenfalls Trennungsstress.
❌ Durch die angespannte Situation entstehen Konflikte in der Abwesenheit der Menschen. Wenn ein Hund in großen Stress verfällt kommt es schnell zu Übersprungshandlungen – diese können den anderen Hund treffen & für Konflikte sorgen.
❌ Der Stresslevel steigt für beide Hunde, anstatt dass es einem besser geht.

Es gibt ein paar wenige Fälle wo ein Zweithund eine „Erleichterung“ war, aber definitiv keine „Lösung“, denn was passiert wenn diese Hunde nicht mehr gemeinsam sind – dann kommt zu der Trauer um den Partnerhund auch noch das alte Trennungsstressthema im schlimmsten Fall hoch.

Also:
Wenn dein Hund Probleme mit dem Alleinebleiben hat, dann arbeite erst an diesem Thema, bevor du über einen Zweithund nachdenkst. Ein neuer Hund ist keine Lösung für bestehende Probleme.

Zeit, Geduld & Kosten: Was oft unterschätzt wird

Etwas, dass du sowieso immer bedenken solltest bevor du dir einen Hund holst, ein zweiter Hund bedeutet nicht nur doppelte Freude, sondern auch:
✔ Mehr Zeit für Training, Management und individuelle Bedürfnisse.
✔ Höhere Kosten für Futter, Tierarzt, Versicherungen und eventuelle Trainerstunden.
✔ Mehr Verantwortung, da jeder Hund ein Individuum ist, das Aufmerksamkeit und Unterstützung braucht.

Willst du zu diesem Punkt mehr Input dann lies dir gerne meinen Artikel: „Auf den Hund gekommen: wichtige Fragen vor der Adoption – Teil 1“ durch – hier habe ich viele Fragen der Community und meiner Kund*innen für dich zusammengefasst und beantwortet.

Meine ehrliche Perspektive zur Mehrhundehaltung

Jetzt denkst du dir vielleicht: „Das klingt aber ganz schön schwer & kompliziert – warum hat Alex dann überhaupt zwei Hunde?“

Die Wahrheit ist: Ich war lange überzeugt, dass es nach Fipsi keinen zweiten Hund mehr bei uns geben wird. Ihr Tod hat eine riesige Lücke hinterlassen, und ich dachte, dass Justice ab dann ein Einzelhund sein wird. Aber wie das Leben so spielt, kam es anders – wir lernten Frieda kennen & Justice mochte sie überdurchschnittlich gern ;). Ich wusste, dass eine Mehrhundehaltung nicht nur doppelte Freude, sondern auch doppelte Verantwortung bedeutet. Deshalb habe ich nicht nur für mich, sondern auch für meinen Mann sichergestellt, dass wir beide ein klares 200%iges Ja dazu haben. Alles andere wäre ein klares Nein gewesen. Denn wir tragen die Verantwortung für beide – genauso wie die entscheidung ob ein Hund ins eigene Leben passt sollte auch die über einen zusätzlichen Hund nicht leichtfertig getroffen werden.

Mehrhundehaltung kann wundervoll sein:
Zu sehen, wie Hunde miteinander kommunizieren, sich in ihrer Persönlichkeit unterscheiden oder auch ergänzen (das weiß man nie) und voneinander lernen, ist faszinierend. Aber es ist auch Arbeit. Und ich will hier nichts beschönigen: Ein harmonisches Zusammenleben passiert nicht von selbst. Es braucht Zeit, Verständnis und die Bereitschaft, in diese Beziehung zu investieren. Wer diese Verantwortung bewusst trägt und sich auf die Bedürfnisse aller einstellt, kann eine wundervolle, bereichernde Dynamik erleben.

Fazit:
Mit Herz, aber auch mit Verstand entscheiden! Eine Mehrhundehaltung kann eine Bereicherung sein – aber nur, wenn sie gut überlegt ist. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir für die Hunde entscheiden, mit wem sie ihr Zuhause teilen. Und dass es an uns liegt, dafür zu sorgen, dass sich alle wohlfühlen.

  • 👉 Reflektiere ehrlich, ob ein zweiter Hund wirklich zu eurem Leben passt.
  • 👉 Arbeite bestehende Herausforderungen erst auf, bevor du über einen weiteren Hund nachdenkst.
  • 👉 Sei bereit, Zeit, Geld und Geduld in die Mehrhundehaltung zu investieren.

Denn am Ende geht es nicht darum, unseren Wunsch nach „mehr Hund“ zu erfüllen – sondern darum, den Hunden ein Leben zu ermöglichen, in dem sie sich wirklich wohlfühlen.

Solltest du Unterstützung bei dem Thema brauchen – melde dich gerne bei mir für eine Beratung.